Dienstag, 3. August 2010

(10) "SIFU PEZZIBALL"

Unter den siegeln des "geheimen", "alten" und "raren" wird  heutzutage eine wachsende anzahl von übungsformen der arbeit mit dem taiji-ball verbreitet.

Zumeist werden diese "ball"-übungen - sofern man darunter nicht den neuesten hype einer art chinesischen federballs versteht - mit basketballgroßen kugeln ausgeführt. Deren konsistenz reicht tatsächlich vom luftgefüllten, sehr prall-festen basketball über den mit unterschiedlichen materialien gefüllten medizinball bis hin zu massiven kugeln  aus holz, stein und eisen. Einen kurzen überblick mitsamt hinweisen auf ein paar videoclips findest du unter http://www.innere-kraft-64.de/tai_chi_ball.htm.

Diese übungsformen haben sicher ihre berechtigung hinsichtlich verschiedener teilaspekte des push hands,  die vom funktionellen krafttraining bis zum austrainieren push hands-spezifischer fähigkeiten alles mögliche umfassen mögen.

Aber verstellen sie nicht den blick auf das wesentliche? Nämlich, dass DAS TAIJI selber 3-dimensional ist und damit ein ball? Und dass die gesamte kunst des taijiquan letztlich mit dem ziel trainiert wird, in der  interaktion EIN ELASTISCHER TAIJI-BALL zu SEIN? (vgl. Jou Tsung Hwa, The Tao of Tai Chi Chuan, sowie hier: FUSSNOTE)

abb. 1

Es stellt sich die frage, ob die großen elastischen gymnastik-, physio- oder pezzibälle, die aus dem heutigen gesundheitssport nicht mehr wegzudenken sind, diesem ganzheitlichen anspruch nicht eher gerecht werden als jene kleinen schweren und wenig elastischen kugeln? 

Eine google- oder youtube-recherche, stützt die these, dass diese hier bei uns weitverbreiteten und  sehr preiswerten  trainingsgeräte in der taiji-szene noch nicht genügend gewürdigt werden. Hier die beiden einzigen - nicht sehr überzeugenden - beispiele, die ich in youtube gefunden habe:  http://www.youtube.com/watch?v=pAnyeNRsozg, sowie http://www.youtube.com/watch?v=tclEl96d4xw

Es ist ja keine seltenheit, dass das, "was nahe (herum)liegt", übersehen und unterschätzt wird. 

Bestenfalls erscheint der wert der gymnastikbälle - auch bei kreativen taiji-lehrern - didaktisch-methodisch auf den allerersten anfänger-unterricht verkürzt und beschränkt . 

Hält nicht SIFU PEZZIBALL  auch für fortgeschrittere taiji-eleven noch manche "sensation" (sinneseindruck) in sachen balance, power und flow bereit? Für das zhan zhuang, die form ebenso wie für das push hands-training? 

Um all diese fragen zu beantworten, musst du nicht noch eine weitere form lernen! Du musst dich stattdessen "nur" (!)  auf das ding selbst einlassen und es mit "antennigem verhalten" (Heinrich Jacoby) im spielerischen umgang erforschen.



ÜBUNG I   

Leg dich zum entspannen doch mal bäuchlings auf einen jener großen pezzibälle. Wenn er nicht ganz prall aufgeblasen ist, um so besser. Lass einfach arme, beine und kopf hängen.
Abhängen ... Erst lang genug entspannen..., dann achtsam fühlen..., dann wieder zu sich kommen ...


abb. 2


Und? Ist doch schön - oder?
  • Kannst du diese besondere art des getragen-seins genießen?  Dieses fließende, weiche, unsubstanziell-substanzielle, das erst, indem du es durch dein gewicht zusammendrückst, dich seine verborgene kraft spüren lässt?
  • Ob dich diese schwellende kraft stützt oder herabfallen lässt ist dem ball so egal wie dem wasser, welches das boot trägt oder verschluckt.
  • Kannst du die druckwellen in dem ball spüren? Musst du dir nicht - durch die bauchlage bedingt - "nachdrücklicher" mit dem atem platz schaffen und bewusster bauch und flanken einsetzen beim atmen?
  • Verschafft dir die bauchlage auf dem ball nicht außerdem ein gefühl der weitung im rücken? Insbesondere beim atmen? Eine ausweitung des atems, die - je nachdem ob du auf dem ball ein klein wenig vor oder zurückrollst -  mehr im oberen, mittleren oder unteren rücken zu spüren ist?
Falls du dir beim AUSPROBIERENDEN LESEN des letzten BLOGbeitrags (vgl. http://taijifortwo.blogspot.com/2010/07/9-kontakt-pang.html) die frage gestellt haben solltest: Wie kann ich es lernen, in den rücken zu atmen? Hier hast du die antwort!
Aber du weißt ja: Du bekommst immer nur die fragen beantwortet, die du dir auch selber stellst.

ÜBUNG II   

Nach dem liegen kannst du es sogleich im stehen ausprobieren - in einer deiner zhan zhuang-stellungen (abb. 3).
  • Jetzt stellst du dir nicht nur vor, einen ball vor dem leib zu halten - du TUST es tatsächlich. Du versuchst dabei deinen leib so weitgehend wie irgend möglich der elastischen rundheit des großen balls anzuschmiegen... 
  • Wie spricht die luftig pralle elastizität des balles deine sensorik und deine propriozeption an? Sind deine bisherigen ball-halte-imaginationen mit deinem jetzigen empfinden identisch? 
  • Oder spürst du vielleicht plastischer? In deinem empfinden selbst räumlicher und 3-dimensionaler geworden? 
  • Werden regionen noch einmal ganz anders präsent als sonst? Dein kreuzbeinbereich etwa? Der bereich zwischen deinen schulterblättern? Oder vorne der bereich der kleinen brustmuskeln? Oder die leistenregion? Auch der berühmte vordere sägemuskel müsste dir zugänglich werden, ebenso wie der breite rückenmuskel, sowie der trapezmuskel usw. usf.


abb. 3
  
BALANCE, POWER & FLOW

Hat dich SIFU PEZZIBALL bereits ein wenig neugierig gemacht auf seine unnachahmlichen fähigkeiten zu lehren und deine push hand-qualitäten zu entwickeln? Im weiteren wirst du von ihm noch mehr er-fahren bezüglich ENTSPANNTER STABILITÄT (sung),  ELASTIZITÄTSKRAFT (peng jin), tastendes HÖREN (ting jin) und fühlendes KLEBEN (nian jin).

Und sei versichert, die "traditionslinie" von SIFU PEZZIBALL stammt direkt vom großen DAO ab. Kein fake ... ohne scheiß! :-))))

Bevor du dich mit den weiteren übungen beschäftigst, experimentiere doch ein bisschen mit dem gerät als solchem: Setz dich drauf, leg dich, dreh dich, lass dich rollen, lass dich fallen, steh wieder auf, balanciere und fließe ...

Wenn du noch weitere "appetitanreger" benötigst, so schau dir einen meiner lieblingsclips zu diesem thema an, wo du tanz, yoga, capoeira, taiji u.v.m. im spiel mit dem ball vereint findest (Body Juggling Principles): http://www.youtube.com/watch?v=R1XW77kVLz0.
Und falls du ein bissel "militanter" gesonnen bist, guck dir gleich noch das folgende beispiel aus dem brasilianischen jiujitsu-training an (Stability ball for jiu jitsu): http://www.youtube.com/watch?v=_cNvpIamQOE

Und hör dir an, was die jungs so erzählen. Eigentlich schade, dass man bislang von taijilern nicht ähnlich differenzierte expressionen zum thema physioball gesehen und vernommen hat, wo sich doch unsere kunst von der ineinander gezwirbelten polarität der yin-yang-blase ableitet ...

Lass dich  nicht davon abhalten, solche tollen "moves" auch mal selber auszuprobieren. Du brauchst nur ein paar wenige quadratmeter platz - und - wichtig! - räum alles aus dem weg, was scharfe kanten hat! ;-)

Ansonsten keine sorge: Wenn du den hier vorgestellten übungen folgst, musst du nicht kopf und kragen riskieren, sondern nur vorgestanzte vorstellungen und einbildungen. Wir fahren nämlich fort mit einer übung, die so oder ähnlich u.a. auch in der schwangerschaftsgymnastik praktiziert wird.

ÜBUNG III    

Du sitzt auf dem gymnastikball, füße stehen auf dem boden, parallel und schulterbreit.

(1) Nimm kontakt zu deinen sitzbeinhöckern auf. 
Wenn's dir schwer fällt, so taste einfach die rückseite der oberschenkel aufwärts bis zu unter deiner sitzfläche einen knochen spürst.
(a) Kreise um den einen sitzbeinhöcker, dann um den anderen.
(b) "Male" liegende 8-en mit beiden sitzbeinhöckern.

(2) Rolle vor und hinter deine sitzbeinhöcker. 
(a) Wie fühlt sich dein unterer rücken an, wenn du vor deine sitzbeinhöcker rollst?
(b) Und wie fühlt sich derselbe an, wenn du dahinter rollst?
Wann und wo hast du das gefühl von "satter" und "breiter" im unteren rücken?

Vielleicht erinnerst du dich noch an die erörterung zum thema beckenstellung? (s.  http://taijifortwo.blogspot.com/2010/06/6-uber-gunstige-und-ungunstige.html)

(3) Schließlich rolle nach links und rechts
Beobachte z.B. wie weit hoch in der wirbelsäule du deine "moves" spüren kannst.

ÜBUNG IV   

Für die folgenden balanceübungen ist es sehr interessant, wenn du noch ein bissel luft aus dem ball herausnimmst. Am besten du experimentierst mit verschiedenen balldrücken.

Beobachte in den folgenden übungen, was passiert:

(1) ... wenn du das knie eines beins anhebst
... Vergleiche deine beiden sitzbeinhöcker im druck in den ball. Oder wie du dich stabilisierst, je nachdem dein leeres bein wenig oder stark abgespreizt ist. 

(2) ... wenn du beide füße vom boden abhebst
... und dein rumpf, ja dein gesamter körper alle möglichen stabilisierenden bewegungen vollführen muss (s. abb. 4).

Tu das so oft und so lange wie nur irgend möglich. Macht echt spaß! Es stärkt deine innere muskulatur ("the core"), dein balancegefühl - und hält dich wach und beweglich.



abb. 4


TEST   

Steh danach (oder zwischendrin mal) auf, geh ein paar schritte, stell dich in deine zhan zhuang-position oder lauf ein paar bewegungsbilder aus deiner form.

Hast du das üben mit dem ball schon mal vor einem push hands-meeting ausprobiert? Sollte bei wettkämpfen wirklich als "doping" verboten werden sowas :-))))


SIFU PEZZIBALLs LEHRMETHODE: SPIELERISCHE LEICHTIGKEIT & HAPTIK

Ohne den ergebnissen deiner nachforschungen vorgreifen zu wollen, lasse ich mich bei den in Übung IV aufgeführten balanceübungen  jedes mal überraschen, wenn ich wieder boden unter den füßen habe (s.obigen test):

Da habe ich das empfinden, dass mein kreuzbein "einen halben meter" weiter abgesunken ist. Seemanns-feeling pur. Noch deutlicher als nach 30-45 minuten steh-meditation.

Keine frage, das eine kann das andere nicht ersetzen. Aber die ball-"arbeit" lässt dich weitere entwicklungsmöglichkeiten deiner sink-fähigkeiten erahnen. "Arbeit" in gänsefüßchen, denn die lehrmethode von SIFU PEZZIBALL "setzt" auf spielerische leichtigkeit. Das ergebnis: ein leichter und wendiger körper, der steht wie eine ausbalancierte waage und wie ein wagenrad beweglich (vgl. taiji-klassiker, zit.nach Rainer Landmann, Taijiquan).

Ein zweites verblüfft mich immer wieder von neuem:

Habe ich mich auf dem ball sitzend beim balancieren einmal eingependelt und sind meine ausweich- und korrekturbewegungen allmählich kleiner geworden, habe ich das empfinden als würde sich das fließend pralle des balls auf meinen körper übertragen. In einer art haptisch-mimetischem lernprozess scheint mein körper  eigenschaften des balls nachzuahmen. 

Das äußert sich u.a. darin, dass dann spontan das bedürfnis entsteht, meine arme - die vorher beim balancieren mitunter noch heftige ausweichbewegungen vollführten - vor meinem bauch, der brust oder über dem kopf in weitem bogen zu runden - als wollten sie einen imaginären ball halten.

)*(

In der haptischen wahrnehmung werden oberflächen- und tiefensensibilität, haut und propriozeption, integriert. Es werden folgende haptische erkundungsprozeduren unterschieden: (1) überstreichen der oberfläche, (2) drücken, (3) umfassen, (4) konturen nachfahren
(s. zum weiterlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Haptische_Wahrnehmung  und zur vertiefung z.B. Maria-Anna Bäuml-Roßnagl, Leben mit Sinnen und Sinn: www.paed.uni-muenchen.de/~baeuml/Leben_mit_Sinnen.pdf)

Keine frage, dass du erkundungsprozeduren dieser art durchlaufen kannst, wenn du die hier dargestellten übungen ausprobierst.

Stellt sich in der epoche der digitalen virtualität und ihrem primat des visuellen nicht neu die frage nach den medien unserer einbildungskraft? Weg von den visualisierungen (vielleicht auch von den so beliebten tradierten)  und hin zur "haptischen imagination"? Und das bedeutet zunächst und zuerst ein "zurück zu den dingen" (demnächst zu diesem thema vielleicht mehr).

)*(

Von Mike Sigman stammt der geniale vergleich des taiji-körpers mit einem einzeller (vgl. http://www.iay.org.uk/internal-strength/peng-index.htm):

Wenn du den körper als einzelliges tier betrachtest, als eine amöbe z.B., dann wäre peng die kraft des kürzesten wegs durch den zellkern, schreibt Mike Sigman.

Und deine haut wäre dann die expandierende und kontrahierende, öffnende und schließende hülle des einzellers. Beim höher entwickelten tier wie beim menschen besteht die hülle des einzellers aus der synergie von faszien, muskelfasern, sehnen usw. zu einer einheitlichen "decke".

Ist es nicht genau das, wofür SIFU PEZZIBALL steht? Und zwar nicht nur als sichtbares, sondern als tastbares und im wahrsten sinn des wortes "be-sitzbares" modell für PENG.

)*(

Zum abschluss möchte ich zur anregung noch einige übungen im stehen skizzieren:

ÜBUNG V    

(1) Selbstverständlich sind ROLLÜBUNGEN AN DER WAND mit dem gymnastikball naheliegend: Wovon könnte man in sachen rundheit der bewegungen mehr lernen als von einem ball?

Als beispiel kann man übungen anführen wie sie in dem weiter oben zitierten youtube-clip u.a. gezeigt werden: http://www.youtube.com/watch?v=tclEl96d4xw
Und es ist auch ganz erstaunlich, wie sich der ball multifunktional als roll- und punching ball (miß-)brauchen lässt. Aber bei den gezeigten schulter- und ellbogenstößen wollte ich - ehrlich gesagt - nicht erleben, wenn so ein ding mal platzt und einem um die ohren fliegt. Für solche sachen würde ich eher einen box-sack vorziehen. 

Auch bei den rollübungen kommt es natürlich weniger auf die moves selber als auf DAS WIE an.

(2) Wenn du z.B. EINARMIGES PUSH HANDS übst, kannst du dich darin trainieren, selbst beim zurückrollen den kontakt in form eines leichten drucks zu halten und diesen nicht zu verlieren - sonst fällt der ball schlicht zu boden. Das kannst du mit isolierter armkraft machen... Oder MIT PENG & NIAN JIN
  •  indem du vom rücken her expandierst und
  • indem du selbst beim inneren schließen äußerlich den klebenden kontakt bewahrst.

Im sinne der oben dargestellten haptischen nachahmung des balls, kannst du beim üben SELBER EIN BALL WERDEN, der gegen einen anderen ball drückt. Irgendjemand hat mal gesagt, gutes push hands sei das gefühl wie wenn ein gummiball gegen den anderen drückt.

Dein zurückrollen ist dann etwas, was in deinem jeweils gesetzten hüftgelenk (=kugelgelenk) passiert und nicht in deinen gerundeten armen. Zu diesem zweck solltest du weniger vor und zurückschaukeln als dein vorderes bein dadurch leer machen, dass du innerlich dein knie anhebts und die leiste sinken lässt.

(3) Auch wirst du merken, wie dein ellbogen automatisch diese druckfunktion übernimmt, wenn dein handgelenk mal vorbeigerollt ist, sowie schulter, rücken oder hüfte. Versuche immer einen gleichmäßigen leichten druck beizubehalten. Das kannst du u.a. daran ablesen, dass die delle an der kontaktstelle zum ball nie zu tief wird.

(4)  In diesen kontext passt auch, dass du dich darin trainieren kannst, dass dein arm zwar den kontakt mit dem ball hällt, du deinen rumpf aber ansonsten in relation zu deinem arm und dem kontakt bewegst, statt umgekehrt.

(5) Was mir bei dem oben angeführten videoclip (http://www.youtube.com/watch?v=tclEl96d4xw) übrigens aufgefallen ist: Eigentlich hat sich der "krieger, der mit einem luftballon kämpfte" von dem ball selber gar nie richtig "fordern" lassen. Um dem ball eine gewisse unberechenbarkeit zu verleihen, solltest du darum damit experimentieren, noch mehr luft herauszulassen (ich habe ja schon weiter oben bei den balanceübungen empfohlen, den ball nicht ganz prall aufzublasen).


abb. 5

ÜBUNG VI   

Um bei dem thema herausforderung durch den ball zu bleiben. Probiere doch mal die waagrechte version des auf-und-ab-wippens, was du beim sitzen auf dem ball fast automatisch machst. Spiele mit dem "peng" des balls.

(1) Experimentiere mit verschiedenen stoßrichtungen und erlaube es dem rückprall des balls, dich von den socken zu holen.

(2) Behalte die letzte stoßrichtung bei, deren rückstoß dich gut rausgepusht hat:

Verändere nun aber deine körperstruktur so, dass du eine bahn in den boden findest. Experimentiere damit, dass deine energieleitung im körper über linien der entspannung verläuft. Das kriegst du nur raus, wenn du mit fein dosierten stößen arbeitest, deren rückweg durch deinen körper bis in den boden du beobachten kannst.

 (3) Eine andere übung sieht so aus, dass du dich mit dem rumpf ganz nah an den - wie gesagt durch weniger luftdruck - relativ weichen, fließenden ball anschmiegst und dann mit der einen oder anderen hand irgendwelche stöße in den ball gibst, die ganz unberechenbare rückstöße ergeben.

Lass dich auch hier von dem ball herausfordern und suche ein körper-sein, das mit dem rückprall gut umgehen kann: sei es in form des ableitens in den boden oder aber der horizontalen neutralisierung.

(4) SIFU PEZZIBALL lehrt dich auf diese weise auch: Wenn du an einer stelle deinen druck erhöhst, gibt die fließend elastische hülle an dieser stelle nach, um sich nebenan auszubeulen (s. abb. 6). Übe dich darin, an der stelle, wo sich der ball ausbeult, nachzugeben, ohne den kontakt zu verlieren. Die lösung findest du, wenn du deine mitte bewegst, während deine arme vom rücken her eine elastische expansive druckqualität beibehalten.


abb. 6

(5) Mike Sigmans "klassische" anleitung zum PENG-training lässt sich ganz leicht auf das üben mit dem gymnastikball übertragen:
Lasse jemanden [den ball] gegen deinen unterarm pushen, dehne dabei deine schulter leicht dem druck entgegen bei entspanntem unteren rücken. Von der druckstelle an deinem unterarm solltest du einen gebogenen pfad durch deinen rücken abwärts zum hinteren bein spüren und herstellen. Lass dich zusammendrücken und weite dich nicht nach außen aus... versuche entlang dieser strecke bis zum boden so viel wie möglich zu entspannen. Mit hüfte und knie solltest du leicht wackeln können, während dein partner weiterhin den pfad zum boden spürt.
Versuche nach unten nachzugeben, während du den bodenpfad bewahrst. Ohne anspannung in schulter oder arm solltest du dich (nun) in richtung deines partners dehnen ... es ist ein entspanntes dehnen gegen seinen push.
Beachte, dass die leichte ausweitung der schulter nicht nur am leichtesten die bahnung des bodenpfads erlaubt, sondern den arm auch gleichzeitig mit dem rücken verbindet. (http://www.iay.org.uk/internal-strength/peng-index.htm
ÜBUNG VII  

Nutze schließlich noch den umstand, dass du es bei dem ball ja mit einem 3-dimensionalen objekt zu tun hast.
Schau dir noch mal den letzten POST an (http://taijifortwo.blogspot.com/2010/07/9-kontakt-pang.html) und versuche die dort illustrierten prozesse am ball nachzuvollziehen:
  • expansion und herausreichende extension (a.a.O., abb. 1 - 3)
  • schrittweise verschmelzung mit dem gegenspieler zu einer zeitweisen einheit (a.a.O., abb. 4)
  • gemeinsames sinken ("aufzug") ohne horizontale druckerhöhung an den kontaktpunkten (a.a.O., abb. 5)
  • öffnen und schließen (a.a.O., abb. 8 - 9)
  • usw.
)*(



abb. 7

Vor vielen jahren hatte ich bei meinem erfindungsreichen lehrer einmal die gelegenheit, zu erleben wie das ist, wenn man mit einem gymnastikball vor dem bauch pusht.

Leider ließ sich dieses nette, weiche elastische sumo-flummi-gefühl mit der damaligen realität meines körper-seins beim (ball-losen) push hands-spielen nicht wirklich in einen zusammenhang bringen. Auch wollte dieses harmlos leichte spiel zu meinem einstmaligen missverständnis des push hands als einer art sparring nicht so richtig passen. Was man eigentlich für das verständnis des PENG-JIN von SIFU PEZZIBALL lernen kann, blieb mir so leider verborgen.

)*(

ÜBUNG VIII   

Darum lass es dir und deinen übungspartner nicht entgehen, zwischendurch mal mit einem ball vor dem bauch zu pushen - nur um dir/EUCH das gefühl abzuholen, wie es sich wirklich anfühlt - ein wirklich guter push.

)*(

Aber auch wenn du im laufe deiner vieljährigen taiji-reise mehr wieder vergisst als andere je er-fahren werden, warten die wirklich wichtigen erkenntnisse im hintergrund deines gedächtnisses darauf, eines tages von dir selber "entdeckt" zu werden. Dann können sie sogar eine wahren kettenreaktion auslösen und dein lernen stark voranbringen.

Okay - darum besser spät als nie! Glücklicherweise ist einer meiner push hands-übungspartner nicht nur sehr groß, sondern hat auch einen kugelrunden bauch. Nach einem - eher zufälligen und freundlich zugelassenen - schönen weichen push gegen eben diese abdominelle rundung ... hatte ich letztes jahr plötzlich die eingebung: Um das eben erlebte gefühl zu kultivieren, brauchst du einen pezziball ... Verdammt! Wo ist mein alter sitzball...?

(c) otmar sauer, august 2010

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FUSSNOTE:
Jou Tsung Hwa betont, dass man die qualitäten von "PENG" in einem luftgefüllten ball finden könne: "So ein ball ist elastisch und federnd. Wenn du in ihn hineinstößt, reagiert er und lässt die kraft nicht in sein zentrum durch. Wenn du an der einen stelle hineinstößt, springt der ball an einer anderen stelle heraus und leitet deine kraft um. Jeder, der als kind versucht hat, auf einem strandball zu sitzen, erinnert sich, wie schnell sein gewicht umgeleitet worden war und man runtergefallen ist. Um die peng-stellung zu nutzen, musst du wie der strandball reagieren und dem gegenspieler nie gestatten, dein zentrum zu finden" (a.a.O./übers. os). Jou Tsung Hwa scheint allerdings den gymnastikball als trainingsgerät nicht gekannt zu haben, sonst hätte ein so aufgeschlossener und experimentierfreudiger kopf  zweifellos darauf rekurriert. So blieb es letztlich bei dieser analogie.



PS: Übrigends sehr empfehlenswert:
http://www.innere-kraft-64.de/newsletter_innere_kampfkuenste.htm